Weihrauch (von Boswellia sacra und Boswellia serrata) und Myrrhe (von Commiphora myrrha und anderen Commiphora-Arten) gehören zu zwei großen botanischen Gattungen der Familie der Burseraceae.

Commiphora_molmol_250Photo: Commiphora molmol


Die Familie der Burseraceae umfasst ca. 280 Arten. Die Gattung Boswellia (25 Arten) besteht zumeist aus Büschen oder Sträuchern, wohingegen Commiphora (250 Arten) als Stäucher oder kleine Bäume wächst. Sie kommen in den sehr heißen Halbwüsten und Steppen vor allem des östlichen tropischen Afrika, in der Sahelzone und der Kalahari, im Westen Madagascars, der arabischen Halbinsel, dem iranischen Baluchistan, und den heißen Halbwüsen von Westindien und Südpakistan vor. Einige wenige Arten wurden auch in Südamerika gefunden.

Das Harz, das entweder auf natürlichem Weg oder durch Einschnitte in den Stamm oder die größeren Äste ausgeschieden wird, war seit Anbeginn der Zeit ein wichtiges Handelsobjekt. Obwohl alle Arten der Burseraceae Harz bilden, sind nicht alle von olfaktivem oder arzneilichem Interesse. Wegen ihres ökonomischen Wertes und ihrer Wertschätzung waren Weihrauch und Myrrhenharze häufig Gegenstand von Verfälschungen auf allen Ebenen der Handelskette.

Die Handelswege für die Versorgung der Parfumindistrie oder die Verwendung in der Aromatherapie, Kosmetik, Lebensmittelaromen oder Arzneimitteln sind gut strukturiert. Die geographischen Urspüngsländer sind jedoch sensibel und besonders instabil: Somalia, Ethiopien, Kenia, Jemen und Oman… Eine Studie zur Nachverfolgung der Herkunft des Pflanzenmaterials wäer zwar schwierig, aber im Interesse des Handels wünschenswert.

Seit alters her werden die Sammlungen von nomadisierenden Hirten an „ihren eigenen“ Bäumen durchgefürt – ein Familienschatz, der entsprechend der lokalen Gebräuche von Generation zu Generation weitergereicht wurde. Nach Plinius hatten im ersten Jahrhundert 3000 Familien das ererbte Exklusivrecht zur Sammlung dieser Harze. Die Werkzeuge durften – und dürfen es auch heute noch nicht – von Frauen berührt werden, und sie durften nicht bei Begräbniszeremonien verwendet werden. Einschnitte durften nur an Stellen vorgenommen werden, an denen die Pflanze bereits auf natürlichem Weg Exsudat bildete. Das Harz wurde zu allen Zeiten als das Blut der Pflanze und göttlichen Ursprungs betrachtet.

Bei ethnobotanischen Feldstudien ist festzustellen, dass sich der lokale Name des Harzes, das von ein und demselben Baum geerntet wird, je nach Jahreszeit der Sammlung, aber auch nach der Niederschlagsmenge ändert. Man kann daher nur diejenigen bewundern, die unter diesen Umständen die Übersicht über Qualitätsstandards bewahren. Noch komplexer wird das Problem, wenn Harz für die medizinische Verwendung mit einem spezifischen Wirkstoffgehalt gesucht wird. Nur selten besteht eine Verknüpfung zwischen den therapeutischen und den olfaktorischen Eigenschaften. Die einzige Möglichkeit besteht im Vertrauen auf das traditionelle Wissen, das es zu bewahren gilt.

Weihrauchharze

Dhofari : Mugereh (Baum), Luban (Harz)

Mehrere Boswellia-Arten (Boswellia sacra, Boswellia payrifera aus dem nordöstlichen Afrika, Boswellia frereana aus Somalia und Boswellia serrata aus Pakistan und Indien liefern Harz, das unter der generischen Bezeichnung „Weihrauch“ oder „Olibanum“ gehandelt wird. Jede dieser Arten liefert eine eigene Harzqualität. Die Harze werden häufig von Indern und Pakistanern verschnitten. Dies geschieht auch mit Galbanum und diversen anderen Harzen. Die Nachvollziehbarkeit der Herkunft ist daher nur möglich, wenn das Herkunftsgebiet gut bekannt ist.

Auf der arabischen Halbinsel wächst nur Boswellia sacra. Das Verbreitungsgebiet dieser Pflanze ist der Nordosten Somalias, der östliche Bereich des Hadramaut (Südost-Jemen) und Dhofar (Südwest-Oman). Boswellia carteri, das auf dem afrikanischen Kontinent wächst und vielfach als Weihrauchquelle verwendet wird, scheint ein Synonym von Boswellia sacra zu sein. Boswellia sacra ist auf der arabischen Halbinsel an den Hängen der Wadis und am Fuß von Hügeln zu finden. Entgegen verbreiteten Vorstellungen wächst Boswellia sacra nicht im Einflussbereich der Monsunregen, allerdings können gelegentliche Ausläufer von Monsunregen das Verbreitungsgebiet erreichen.

Die Qualität des Harzes wird von den klimatischen Verhältnissen und der Niederschlagsmenge stark beeinflusst. Diese Variabilität war schon immer bekannt und drückt sich in den unterschiedlichen Bezeichnungen für Harzqualitäten in Abhängigkeit des Vegetationsstadiums im Moment der Ernte aus.

Plinius beschreibt zwei Hauptsammelzeiten:

  • Die Sammlung im Frühling liefert „dathiathum“ oder „dote dt’yt“, ein dunkleres und wenig stark duftendes Harz.
  • Die Sammlung im Herbst liefert „carfiathum“ oder „kharif khrfyt“, ein helleres, durchscheinendes und stark duftendes Harz.

Aus bestimmten Zonen stammt ein stark kristallines Harz, „sahaz xarfi“, das auch als Diamant-Weihrauch bezeichnet wird. Dieses Harz ist generell für besondere und religiöse Zwecke reserviert. Neben „Sahaz xarfi“ gelten auch „Sahaz sabi“ und, in absteigender Folge, „Sahaz kidi“ als hervorragende Qualitäten.

Zu Zeiten von Ptolomäus und Theophrast – als die einzige Herkunft des Weihrauchs die arabische Halbinsel war, und das Harz ausgehend vom Hafen von Ophir verschifft wurde – waren mehr als ein Dutzend Bezeichnungen geläufig.

Myrrhenharze

Dhofar: Sukof
Somalia: Habak malmal

Wie bereits erwähnt umfasst die Gattung Commiphora mehr als 250 Arten. Das Verbreitungsgebiet der Gattung ist besonders groß, und die Arten sind im größten Teil der Halbwüsten des afrikanischen Kontinents, der arabischen Halbinsel und des mittleren Ostens beheimatet.
Nur wenige Arten liefern ein systematisch gesammeltes Harz. Eine Ausnahme ist Commiphora myrrha. Die Jahresernte wird auf mehr als 1500 Tonnen geschätzt. Berücksichtigt man auch die traditionelle Verwendung, dann dürfte die wirkliche Menge noch deutlich größer sein.

Tatsächlich ist das handelsübliche Harz von Commiphora myrrha eine Mischung von Harzen verschiedener Arten, Unterarten oder geographischer Variäteten. Der größte Abnehmer ist die Parfümindustrie.

Die traditionellen Verwendungen der verschiedenen Harze sind gut bekannt. Je nach den Bedürfnissen der Familien oder Stämme werden die Harze entweder verkauft oder selbst verwendet. Wie bei vielen Harzen haben Myrrhenharze eine große Bedeutung in der Medizin, Tiermedizin, Kosmetik, als Mittel gegen Parasiten oder Pilze, und für religiöse und mystische Zwecke.

Wertvolle Harze

Im Rahmen dieser Darstellung gehen wir nicht auf den ökonomischen Wert dieser Harze ein, sondern auf deren Wertschätzung durch diejenigen, die uns über die Jahrtausende das Wissen übermittelt haben, von dem wir heute noch profitieren.

Auf archäologischem Gebiet ist interessant, dass Mischungen dieser Harze im Mumifizierungsprozess eingesetzt wurden. Die heutige Verwendung ist aber noch viel interessanter. Die Inhaltstoffe sind für potente antibakterielle, antivirale und fungizide Effekte verantwortlich – Effekte, die für medizinische Zwecke verwendet werden. In der Anwendung bestand stets ein enger Zusammenhang zwischen spiritueller Reinheit und der Befreiung von körperlichen Übeln und bösen Geistern. Dies kommt in der Bedeutung der Myrrhenharze in religiösen Zeremonien zum Ausdruck.

In heutiger Zeit werden noch immer mehr als 50 Arten der Burseracease für verschiedene Zwecke eingesetzt. An dieser Stelle sollen nur einige davon Erwähnung finden:

  • Boswellia sacra wird noch heute häufig bei Geburten eingesetzt, um die junge Mutter und ihr Kind zu stimulieren und vor dem auf der arabischen Halbinsel hohen Infektionsrisiko zu schützen. Interesanterweise wird dieses Harz in Somalia in der Tiermedizin eingesetzt, um Geburten beim Vieh zu erleichtern.
  • Boswellia serrata wird vor allem wegen der olfaktorischen Eigenschaften in der Parfümindustrie eingesetzt. Diese Art für diesen Markt die Hauptquelle. Eine traditionelle Verwendung von der Bedeutung wie bei Boswellia sacra scheint nicht zu bestehen.
  • Boswellia dalzielli aus Burkina Faso liefert ein Harz (Hano), das für seine Effekte gegen Gingivitis und dentale Abszesse bekannt ist.
  • Commiphora gileadensis liefert das „Gilead-Harz“, das durch vielfältigen Einsatz als protektives Kosmetikum und lokal-kuratives Arzneimittel nahezu als Allheilmittel bekannt ist, und das in großem Maße exportiert wird. Das Exudat, welches das Harz liefert, wird als „Opobalsam“ bezeichnet.
  • Commiphora habessinica wird lokal als „Myrrhe“ bezeichnet. Es wird noch immer bei Durchfall eingesetzt, sogar in der Selbstmedikation einiger Parfümhersteller aus Grasse…
  • Commiphora hildebrandtii aus Kenia liefert ein tiermedizinisch eingesetztes Harz (khalale oder muhodja) mit Milchfluss-fördernden Eigenschaften. Mit dem Harz werden auch Harnwegs- und Geschlechtserkrankungen behandelt.
  • Commiohora erythrea (Hagar) aus Somalia, Commiphora incisa (Damaji) und Commiphora rostrata (Galida-ayen) aus Kenia liefern Harze mit potenten insektiziden und antiparasitären Eigenschaften für die lokale Anwendung.
  • Commiphora merkei aus der Republik Südafrika (Vendaland) gilt als Aphrodisiakum zur Behandlung der sexuellen Asthenie.
  • Das Harz von Commiphora myrrha (Habak malmal) ist sowohl in der Human- als auch der Tiermedizin berühmt für seine intestinalen Effekte und seine starken haemostatischen und wundheilungsfördernden Effekte. Dieses Harz wird in großem Ausmaß von der Parfümindustrie verwendet. Wie bereits erwähnt, ist das industriell verwendete Harz aus Material von verschiedenen Arten, geographischen Formen und Chemotypen zusammengesetzt.
  • Mit dem Harz des Chemotyps „Mfifina“ von Commiphora zimmermannii aus Kenia wird die Unfruchtbarkeit der Frau behandelt. Der aus Südkenia und Tansania stammende Chemotyp „Mbombwe“ (der möglicherweise von einer anderen Art stammt), ist bekannt für seine Effekte gegen Salmonellosen.